Da Wolfgang mit Zitaten beginnt, habe ich einen leichten Revieweinstieg,
denn ich kann es ihm gleichtun:
»Angesichts einiger Lobeshymnen traue ich mich schon gar nicht,
etwas Gegenteiliges feststellen zu wollen. Denn, um es gleich vorweg
zu nehmen, sehe ich das Eine oder Andere dann doch etwas anders...«.
Und das ist gut so: Die gegenteilige Meinung, meine ich. Schlecht
wäre es, wenn ein Schreiber auf Grund vorheriger Meinungen
seine eigene anpassen würde. Machen wir nicht und weil Ehrlichkeit
am längsten währt, kommt es schon mal vor, dass sich ein
Musiker für negative Kritik bedankt und Besserung verspricht.
In der Tat, das ist vorgekommen. Selbstverständlich ist die
Reaktion von Musikern bei negativen Reviews in der Regel eher eine
andere. Aber das ist uns eigentlich egal, und jedes Review ist immer
'nur' die subjektive Meinung einer Person. In krassen Fällen
lassen wir auch schon mal mehrere Redakteure zu Wort kommen. Die
neue Loving The Sun-Platte ist übrigens kein krasser Fall,
aber wir haben das Album zweimal bekommen. Einmal vom Promoter und
dann auch vom Protagonisten selbst. Selbstverständlich gibt
das dann auch von jedem Albumbesitzer Feedback. Mein Eindruck, als
ich "The Path Of Love" das erste Mal hörte, war allerdings
ein anderer. Starkes Teil mal wieder, dachte ich und hab sie abends
in Ruhe bei einem guten Glas Wein sehr genossen. Ich finde es auch
spannend, dass selbst innerhalb 'kompatibler' Geschmacksmenschen
die Meinung divergieren kann. Nicht viel - denn schließlich
heißt es nicht Kreissägensoundliebhaber vs. Kuschelrocker
- aber immerhin. Nichtsdestotrotz, mir haut der Opener gleich auf
die Zwölf und ich denke, da zeigt sich bereit, wieso mein Kollege
zu einem etwas anderen Schluss gelangt. »... die Musik schwebt
eher vor sich hin ...«. Genau! Genau das ist es: Tranceartig,
repetativ mit leicht psychedelischem Timbre und exakt das ist es
und das soll es. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht denken, nicht
auf etwas warten - »Let the music do the talking«. Diesmal
mit geballter Verve weiblicher Stimmen erfährt der Multiinstrumentalist
Joe Weninghoff die treffischere Unterstützung. Einige der Stücke
sind in der Tat sehr ohrgefällig, wie auch Wolfgang schreibt.
Geradezu perfekt in Harmonie und Darbeitung, das mit leichtem Slideeinsatz
garnierte und countryangehauchte "Friendship". Ganz anders
und nicht minder perfekt läuft "I Know, I Know" wie
psychedelischer Honig in meine Gehörgänge. Die Vocals
lassen träumen und irgendwie hat das Stück etwas, was
nicht gleich zu greifen ist, man muss es wieder und wieder hören
- und wirken lassen. Ob es mal in Richtung Pink Floyd tendiert,
oder Assoziationen an "Tubular Bells" weckt, es ist einfach
klasse. Wolfgang! Wir müssen uns mal beide mit einem eiskalten
Pfälzer Riesling am Feuer niederlassen. Dein herbes norddeutsches
Pils und den lauwarmen Gin aus den Jazzkellern lassen wir außen
vor. Deinem »Da werden nun einmal echte Drums eingesetzt,
auf "Taking Me Down", doch rumpeln sie mehr als sie mich
begeistern können - das bisher eindeutig langweiligste und
für mich überflüssigste Stück« muss ich
energischst widersprechen. Dieses Stück packt mich! Akzentuierte
Drumschläge begleiten ein, wie ich finde, dahinschleichendes
(im positivsten Sinne) Stück. Klar, da kommt nichts, keine
Spitzen, keine 180 Grad-Breaks. Es chillt gemütlich und könnte
meinetwegen viele weitere Minuten so dahindriften. Wie gesagt, du
bist zur Pfälzer Weinprobe eingeladen ... Wir sind d'accord
bei "Mountain Peaks". Mit ewtas Vorstellungskraft, die
u.a. die weiblichen Vocals 'ausblendet' kann ich mir diesen Track
auch als Lee Clayton-Nummer vorstellen. Und nochmals d'accord, was
die Tracklänge angeht: Loving The Sun brät sich so richtig
ins Hirn, je länger die Stücke dauern. Gerade bei "The
Bride" wird das klar. Die Keys bauen sich gemächlich auf,
der Song beginnt 'Stimmung' zu erzeugen, die Percussion lässt
die Schultern so langsam in den Rhythmus mit einsteigen und dann
ist er auch schon vorrüber. "Never Loose Your Faith In
Love", ja, da sind wir wieder einer Meinung. Klasse, was die
Musiker da an Feeling in Richtung Hörer transportieren. Auch
die Länge stimmt und gibt uns die Chance, tief einzutauchen
in den Loving The Sun-Kosmos. Zurücknahme der Intrumente und
die Vocals in den Vordergrund ... das sind gekonnte, abgerundete
Breaks, die einen mit Spannung auf den wiedereinsetzenden Groove
warten lassen. Das ist großes Kino. Die 'fehlende' Flöte
wurde erwähnt. Ich setz noch einen drauf: Eine dezent abgemischte,
hier und da gedämpfte Trompete würde wahrscheinlich (mir
sicherlich) vielen die Begeisterungstränen in die Augen treiben.
Ja es stimmt, der »Popanteil ist größer geworden«,
aber er verwässert nicht - ja, das Wort Pop ist bei dieser
Band auch nicht in dem Sinne zu verstehen, wie man ihn im Allgemeinen
definiert. Ich jedenfalls freu' mich schon jetzt auf Joes nächsten
Output und vielleicht höre ich eine leise Trompete, wenn ich
diese kommende Scheibe zusammen mit Wolfgang beim Riesling goutiere
... (Ulli Heiser) Rocktimes.
weitere
Beiträge
>